Wenn der Rat für deutsche Rechtschreibung am 8. Juni 2018 in Wien tagt, geht es unter anderem um die Empfehlung einer geschlechtergerechten Schreibweise. Je nach dem, zu welcher Empfehlung der Rat kommt, könnte der Gender-Stern schon bald durch einen Dudeneintrag „geadelt“ werden.
Der Rat für deutsche Rechtschreibung (RdR) ist „die maßgebende Instanz für die deutsche Rechtschreibung“ (http://www.rechtschreibrat.com/) und hat als Ziele, die deutsche Rechtschreibung zu beobachten und weiterzuentwickeln, die Einheitlichkeit der Rechtschreibung im deutschen Sprachraum zu bewahren und Zweifelsfälle zu klären. Um einen solchen Zweifelsfall und um die Einheitlichkeit im deutschen Sprachraum geht es beim sogenannten Gender-Stern, der angeblich geschlechtergerechten Sprache und Schreibweise.
In einige Verwaltungsschreiben, Parteiprogrammen und Hochschulverfassungen hat dieses Sternchen bereits Einzug gehalten. Aus meiner Sicht ist das sprachfeministischer Übereifer und zeugt von Unkenntnis des Sprachsystems und der Wortbildung.
Ein einfacher Entspannungsvorschlag für vernünftige Schreibweise
Weil meckern allein nichts ändert, habe ich natürlich auch einen Lösungsvorschlag zur Güte: Wir benennen die grammatischen Geschlechter um, denn sie haben nichts mit dem natürlichen Geschlecht von Menschen zu tun. Dann hieße das bisherige grammatische Maskulinum beispielsweise Standard-Form, weil die meisten deutschen Wörter „männlich“ sind und das Femininum bzw. Neutrum sind die Variation 1 bzw. 2. Wir würden also in der Grammatik das Wort „Geschlecht“ durch „Form“ ersetzen und die drei möglichen Formen irgendwie benennen, durchnummerieren oder mit „Der-, Die-, Das-Form“ bezeichnen. Das ist eine von vielen Möglichkeiten, diese unsägliche Diskussion zu beenden. Außerdem würde der Schreiballtag sehr vieler Menschen von völlig unproduktiven, pseudo-moralischen Imperativen und Verboten entlastet.
Man darf gespannt sein, ob der RdR seinem Auftrag gerecht wird und über Rechtschreibung und nicht über Politik entscheidet. Ich bin guter Hoffnung. Warum? Weil die Sitzung in Wien stattfindet, gerade Pfingsten war und der RdR schon einige unsinnige Regelungen der großen Rechtschreibreform der Neunzigerjahre zurückgenommen hat, die von den deutschen Rechtschreibern nicht umgesetzt wurden.
Aktualisierung vom 11. Juni 2018
Ich hatte Recht: Der Rechtschreibrat rät abzuwarten! Damit ist das Thema zwar noch nicht vom Tisch, aber es gibt einen Aufschub. Bis November soll die beauftragte Arbeitsgruppe mögliche Empfehlungen für die staatlichen Stellen vorbereiten. Bis dahin haben wir also noch Zeit, Einfluss zu nehmen und auf eine vernünftige und vor allem schreib- und lesbare Entscheidung hinzuwirken.
In diesem Sinne ermuntere ich Sie alle, die bewährten Rechtschreibregeln anzuwenden, in Zweifelsfällen den gesunden Menschenverstand entscheiden zu lassen und unsinnige Sprach- und Schreibvorschriften und -erlässe kreativ zu ignorieren.
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